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Haushaltsrede 2016

Stadtrat Neunkirchen - Haushaltsrede 2016, Andrea Neumann, Fraktionsvorsitzende

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, an dem vorliegenden Haushaltsplan haben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitgewirkt. Wir danken Ihnen und unserem Kämmerer Herrn Hermann für die ausführliche Ausarbeitung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Kosten steigen, müssen auch die Einnahmen steigen. Dessen sind wir uns vollkommen bewusst. Aber die ganze Last kann nicht auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger ausgetragen werden.

Während hier im Rat in den letzten Jahren die Gebühren für Kindergärten und Kindertagesstätten, die Hundesteuer und die Grundsteuer B völlig ausgereizt wurden, befassten wir uns in diesem Jahr mit einer Gebührenerhebung für Grünschnitt, die auch entgegen unserer Meinung, eingeführt wurde.

Ebenso wurden die Friedhofsgebühren überarbeitet, da man festgestellt hat, dass die Einnahmen für die herkömmlichen Erdbestattungen rückläufig sind. Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden sich eben immer öfter zu günstigeren Bestattungsmöglichkeiten, wie der Feuerbestattung zum Beispiel. Es ist also völlig sinnfrei die Erdbestattungen preislich noch weiter zu erhöhen, da eben der Kostenpunkt dieser Bestattungsart die Rückläufigkeit begründet.

Wir fordern an dieser Stelle die Ausarbeitung eines völlig neuen Friedhofskonzeptes. Dieses muss auf der Erkenntnis basieren, dass günstigere Alternativen der Bestattung den Menschen wichtig sind und das Sterben noch in einem bezahlbaren Rahmen bleiben muss.

Grundsätzlich sind wir der Meinung, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die finanzielle Situation der Kreisstadt nicht nur von den Einnahmen abhängt, sondern auch von den Ausgaben.

Beginnen möchten wir hier wieder mit den Ausgaben für Kultur. Erinnern wir uns an die Investitionen für das Millionenprojekt Gebläsehalle. Ein folgenreiches und umstrittenes Projekt, von der Kostenseite aus betrachtet. Pro Jahr standen 385.000 Euro an laufenden Kosten im Raum. Konnten diese Kosten durch die Einnahmen gedeckt werden?

Nein, das konnten sie nicht. Die Eventhalle hat ein Defizit von 167 000 Euro. Hat die Investition in die Eventhalle viele gute Arbeitsplätze nach Neunkirchen gebracht? Nein, auch das ist nicht der Fall. Sind Menschen wegen der Eventhalle in Neunkirchen zugezogen? Sorry, ich kenne niemanden.

Gewonnen hat man lediglich einen Imagegewinn nach Außen indem man sich als Kultur- und Musicalstadt bezeichnen kann. Da wir gerade bei Musicalstadt sind, betrachten wir doch dort einmal die finanzielle Situation des städtischen Musicals. Hier ist ein Defizit von rund 80.400 Euro entstanden. Hinzu kommen die Kosten für Marketing und Werbemaßnahmen von 22.000 Euro. Weiter geht’s zum Rohrbach Filmpreis. Verbessern Sie mich wenn ich falsch liege: Aber laut meines Wissenstandes ist hier ein Defizit von ungefähr 40.000 Euro entstanden.

Letztendlich wären da noch die Folgekosten die die Erstellung der Eventhalle gebracht hat. Nämlich die Kosten für den Umbau des übrig gebliebenen Bürgerhauses zu einem Zentrum für Bildung und Kultur, es beinhaltet ein neues städtisches Museum, eine Galerie für moderne Kunst und die städtische Bibliothek. Für den Umbau wurden 1,2 Millionen veranschlagt. Auch wenn dieses Projekt zu 50 Prozent gefördert wurde, musste doch die Stadt die restlichen 50 Prozent zahlen. Hinzu kommen auch hier wieder die laufenden Kosten. Im Haushaltsplan ist eine Größe von 236.000 Euro ersichtlich, einschließlich der Kosten für die Stummsche Reithalle und die VHS.

Auch wenn man festgestellt hat, dass jetzt einige Bürgerinnen und Bürger mehr die Bücherei aufsuchen und sich was ausleihen weil sie schöner und moderner gestaltet ist, steht das doch in keinem Bezug zu den entstandenen Kosten. Und auch hier sind keine neuen Arbeitsplätze entstanden, die in irgendeiner Relation stehen würden. Es sind mit Sicherheit auch keine Menschen zugezogen wegen dem Zentrum für Bildung und Kultur. Eine völlig kopflose und sinnfreie Idee, die mit hohen Kosten und Folgekosten verbunden ist. Na herzlichen Glückwunsch, kann man da nur sagen, das zahlt alles der Steuerzahler !

Zum Abschluss kommt jetzt das traurigste Kapitel, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir alle haben den harten Kampf der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Klinikums erlebt zur Erhaltung ihrer Arbeitsplätze und ihrer Arbeitsbedingungen. Und wir alle haben erlebt - sie haben diesen Kampf verloren. Das städtische Klinikum Neunkirchen, indem jährlich über 11.000 Patienten stationär und 30.000 Patienten ambulant behandelt werden ist nicht mehr in städtischem Besitz.

Die finanzielle Enge war hinreichend und lange Zeit bekannt. Einsparungsmaßnahmen wurden getroffen. Doch alle Versuche waren vergebens. Mit der Mehrheit der großen Fraktionen wurde hier im Stadtrat dem Verkauf zugestimmt. Aber nicht nur strukturierte Finanzprobleme, die viele Kliniken im Saarland betreffen, sind ein Grund für den Misserfolg. Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die höheren Kosten für den Bau der Komfortklinik sind mit ein Grund, warum die finanziellen Probleme des Klinikums so ausgeufert sind. Wie sich gezeigt hat haben wir als Fraktion nicht umsonst dem Bau einer Komfortklinik entgegengewirkt. Die Komfort-Etage selbst kostete 800.000 Euro wofür die städtische GmbH Eigenmittel angezapft hat und Darlehen aufgenommen hat!

Die Rücklagen des Klinikums wurden aufgebraucht. Des Weiteren wurde auch noch ein Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach der Klinik errichtet. Die Baukosten der Start- und Landefläche beliefen sich laut Presse auf 1,25 Millionen Euro. Erhofft hat man sich angeblich, dass die Komfortklinik wesentlich zur Restfinanzierung des Klinikums beitragen kann. Daraus ist leider auch nichts geworden, liebe Kolleginnen und Kollegen, die vielen herbeigesehnten Gäste aus den arabischen Ländern sind ausgeblieben.

Das ganze Projekt, war eine völlige Fehlkalkulation, die nicht eingeplanten überhöhten Baukosten, die ausgebliebene Auslastung, der falsch eingeschätzte Nutzerkreis und der nicht eingetretene Überschuss, der angeblich dazu da sein sollte die städtische Klinik mit zu finanzieren und zu retten.

Nur beim Verkauf des Klinikums hat der Bau der Komfort Klinik und der Hubschrauberlandeplatz noch was gebracht, er hat den Verkaufswert in die Höhe getrieben. Hier muss man sich doch die Frage stellen, wo waren die Kontrollorgane, wo war die verantwortungsvolle Aufsicht? Wenn man dann noch erfährt wie hoch die Gehaltsaufwendungen für den Geschäftsführer waren, kann einem nur noch übel werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das steht doch in keiner Relation mehr und ist nach meiner Auffassung mit nichts zu rechtfertigen.

Aber auch an dieser Stelle hat irgendwie keiner was mitgekriegt, überprüft wird ja immer nur ob die durchschnittlichen Personalaufwendungen zu hoch sind und ob man da nicht noch was wegkürzen oder wegrationalisieren kann. Ob auch noch zusätzliche Abfindungen in diversen Größenordnungen ausstehen, die Frage muss man sich jetzt auch noch stellen. Immer wieder wurde hier im Stadtrat von Seiten der Verwaltungsspitze betont, dass Neunkirchen eine Haushaltssanierungskommune wird, wenn man noch länger abwarte und sich gegen den Verkauf entscheiden würde. Des Weiteren hätten die Stadträte ja eine Verantwortung zu tragen. Nun ist es passiert: Die großen Fraktionen haben die Entscheidung getroffen – die Klinik ist verkauft.

Und plötzlich und in kürzester Zeit stellt man fest: Neunkirchen wird noch in diesem Jahr zur Haushaltssanierungskommune! Ja wo gibt’s denn sowas? Da hat man doch viele Stadträte regelrecht verschaukelt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Plötzlich kommt man zu der nicht vorhersehbaren Erkenntnis dass es tariflichen Steigerungen beim Personal gibt und auch die Steigerung der Kreisumlage spielt plötzlich völlig überraschend eine Rolle. Alles Dinge, die man angeblich nicht hätte überblicken können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Liste der Bedenken länger ist als die Liste der positiven Aspekte, dann muss man Nein sagen. Es gibt sicher auch viele Sachen, die aus Sicht der Kommunen seitens des Bundes und des Landes falsch laufen. Unsere Städte und Gemeinden bekommen immer neue Aufgaben, ohne dass es eine vollständige Kompensation der entstehenden Kosten gibt. Und auch das Saarland leitet nicht alle Zuschüsse, die vom Bund kommen an die Kommunen weiter, sondern nur ein Teil davon. Und trotzdem muss eine Kommune wie die Kreisstadt Neunkirchen ihre Hausaufgaben machen. Das geschieht mit diesem Haushalt nicht. Deshalb werden wir den Haushalt 2016 ablehnen. Er ist unsozial indem er einseitig wirkt und überwiegend die Bürgerinnen und Bürger belastet. Trotz mehrfacher Kritik unsererseits sind keine Einsparungen im kulturellen Bereich ersichtlich, was sehr unverhältnismäßig in der jetzigen, angespannten Haushaltssituation erscheint. 

Dieser Haushalt bietet der Kreisstadt keine Perspektive. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

 

 

06. Mai 2019   -   Archiv,Pressemitteilung

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